Es war einmal ein Mann. Ja, so einfach kann das sein. Ein ganz gewöhnlicher, vielleicht etwas ungewöhnlicher Mann. Er lebte nicht nur in Saus, sondern auch in Braus, zudem noch im Allgäu und in der ständigen Sorge, etwas zu verpassen. Das lag in seinem Naturell. Ging er auf Dienstreise, sah er vor seinem inneren Auge seine Lieblingskollegen zum After-Work-Bierchen gemütlich vereint in seiner Lieblingskneipe. Musste er sich kurz mal entleeren, sah er die weltumwälzendsten Tweets lautlos an sich vorbei rauschen. Und war er etwa krank, dann konnte er sich nur schwer gesund schlafen, weil er hustend darüber nachsann, was er eigentlich alles zu tun gedacht hatte und nun nicht abarbeiten konnte.
Nun liegt er da und fragt sich, was um alles in der Welt nur los sei. Ist das die Hektik des informatorischen Zeitalters? Die Welt 2.0? Oder schon 3.0? Er hat ein wenig das Gefühl, den Anschluss verloren zu haben. Dabei ist er noch nicht mal 50. Er wickelt sich in seine pechschwarze Wolldecke ein und setzt sich zusammen mit einem befreundeten Glas Honigtee vor den Fernseher. Noch vor einer Woche gehörte die Tagesschau zu seinen alltäglichen Pflichten, heute wird er sie auslassen. Er weiß schon alles. Aus Twitter. Aus Facebook. Und von dem Minnesänger, der auf einer Tautologie reitend, unter dem Balkon die neueste Kunde mit seiner lauten Laute begleitet. Spätestens jetzt ist es gewiss: Das Fieber ist noch nicht wieder verschwunden. Er versucht noch immer, mit Kanonen und Standarten, Pauken und Trompeten, den Feldzug seiner Antikörperarmee gegen die rebellischen Eindringlinge aus dem dunklen Reiche Influenza zu gewinnen. Da ist das Fernsehen nicht hilfreich. Es lenkt nur vom Heilungsprozess ab.
Nun liegt er wieder. Unter Daunen. Er schließt die müden Augen und wartet auf den heilenden Schlaf. Aber irgendwo im Raum leuchten Lichter. Ein rotes und ein grünes, ganz wie die Augen des lustigen, reisgefüllten Frosches, den er in der Grundschule bei Frau Sieg zusammennähen musste. Rot? Handy. Grün? Notebook. Und jetzt ist diese Geschichte bei ihm angekommen und findet so ihr abruptes Ende.